Somatic-Experiencing
Was ist ein Trauma?
Ein Trauma ist jedes überwältigende Geschehen, das unsere Schutzgrenzen durchbricht und uns in ein Gefühl von Hilflosigkeit und Kontrollverlust versetzt. Auslöser für ein Trauma kann alles sein, was unser Nervensystem überfordert; vom Auffahrunfall (insbesondere mit Schleudertrauma), geringfügige Verletzungen, Stürze, plötzliche laute Geräusche, medizinische Eingriffe, lebensbedrohliche Krankheiten, Verlust von geliebten Lebewesen, bis hin zu Krieg, Vergewaltigung, Erfahren oder Miterleben von Gewalt, Vernachlässigung in der Kindheit, Naturkatastrophen, Erlebnisse in denen unser Überleben in Gefahr war.
Biologisch betrachtet sind wir Menschen genauso wie Tiere mit drei Überlebensmechanismen ausgestattet: Kampf, Flucht oder Erstarrung (Totstell- Reflex). Gelingen Kampf oder Flucht erfolgreich, findet der Organismus in der Regel sein Gleichgewicht wieder.
Führt die hohe, durch Angst gesteigerte Erregung in die Erstarrungsreaktion (weil Kampf oder Flucht nicht möglich sind), bleibt die mobilisierte Energie im Nervensystem gebunden. Somit hat Trauma eine biologische Komponente und resultiert aus der Reaktion unseres Nervensystems auf ein Ereignis und nicht aus dem Ereignis selbst.
Welche Folgen hat ein Trauma?
Erhält der Organismus bei der Auflösung des Erstarrungszustandes keine adäquate Unterstützung, die zuvor mobilisierten Überlebensenergien zu entladen, reagiert der Körper, als würde die Bedrohung immer noch bestehen. Das Erleben der Gegenwart ist überlagert von den Empfindungen, Gefühlen, Gedanken und Reaktionsweisen von dort und damals.
Zu den ersten Symptomen, die sich nach einem überwältigenden Ereignis entwickeln, gehören Übererregung, Anspannung, Dissoziation und Verleugnung, sowie Bewegungsunfähigkeit, Orientierungsstörungen und Hilflosigkeit. Viele Symptome entwickeln sich erst im späteren Verlauf, oftmals erst nach vielen Jahren. Das können sein:
- Übermäßige Wachsamkeit (ständig auf der Hut sein)
- Übermäßige Schreckhaftigkeit
- Bedrängende Bilder (Flashbacks)
- Extreme Licht-und Geräuschempfindlichkeit
- Schlafstörungen, Alpträume
- Panikattacken, Ängste, Phobien
- Vermeidungsverhalten
- Chronische Müdigkeit (burn out)
- Schwierigkeiten mit Stress umzugehen
- Syndromale Erkrankungen ( Migräne, Fibromyalgie )
- Depressionen u.a.
SE wurde von dem Stress- und Traumaforscher Dr. Peter Levine entwickelt. Mehr Infos unter www.somatic-experiencing.de bzw. www. somatic-experiencing.com
Wie arbeitet Somatic-Experiencing?
SE bedient sich der Selbstregulationsfähigkeit des autonomen Nervensystems, ein System, das sich im Verlauf von 80 Mio. Jahren entwickelt hat und in Menschen und Säugetieren fortbesteht. Der Kontakt zum Nervensystem wird über die Körperempfindungen hergestellt und über die Sprache der Empfindungen ausgedrückt. SE arbeitet mit der Reaktion des Körpers auf eine als lebensbedrohlich erlebte Situation und weniger mit dem Ereignis selbst. Mitunter ist die Geschichte zu belastend oder kann nicht erinnert werden.
Weitere Werkzeuge sind Orientierung im Hier und Jetzt (schließlich gehört das überwältigende Ereignis der Vergangenheit an ), Ressourcenbildung (das was damals hilfreich war oder gewesen wäre ), die Schulung des inneren Beobachters, d.h. was der Körper hätte tun wollen, wenn er die geeignete Unterstützung bekommen hätte…
Auf diese Weise erarbeiten wir eine Neuverhandlung des Geschehenen. In kleinsten Schritten kann der Organismus die gebundene Energie entladen, in Form von Wärme, Zittern, Bewegungen, veränderter Atmung u.a. Die Reaktion auf die Bedrohung von damals kann zum Abschluss kommen. Der Körper kehrt zurück in spürbare Kraft und Selbstvertrauen.
Literatur
Dr. Peter Levine
- Traumaheilung
- Vom Trauma befreien
- Verwundete Kinderseelen heilen mit Maggie Kline
- Sprache ohne Worte